Nach §72a SGB sind die Träger der freien Jugendhilfe u.a. auch die Kirchen mit ihren Einrichtungen verpflichtet, sich von hauptberuflich Mitarbeitenden in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen erweiterte Führungszeugnisse vorlegen zu lassen. Die Richtlinie der Landeskirche fordert dazu ergänzend von neu einzustellenden Mitarbeitenden die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses.
Ehren- und Nebenamtliche sind dann zur Beantragung eines erweiterten Führungszeugnisses verpflichtet, wenn ihre Tätigkeit nach Art, Intensität und Dauer des Kontakts ein entsprechendes Gefährdungspotential hat.
Jugendpolitische Einordnung
Im Gesetzgebungsverfahren hat sich der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) kritisch mit der Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen für Ehrenamtliche auseinandergesetzt und auch deren Wirksamkeit in Frage gestellt. Die Jugendverbände könnten durch ihre Präventionskonzepte, die vor allem auf die Schulung der Mitarbeitenden setzt, deutlich wirksamer präventiv arbeiten. Auf der Vollversammlung 2013 hat der DBJR gefordert, Rechtsunsicherheiten im Rahmen einer Evaluation des Gesetzes zu beseitigen und die Umsetzung auf dem Verwaltungsweg zu vereinfachen. Vor allem die Beantragung und Einsichtnahme des Führungszeugnisses müsse deutlich vereinfacht werden, um keinen unnötigen Verwaltungsaufwand bei Ehrenamtlichen und den örtlichen Behörden zu erzeugen. Bisher sind neue Verfahrenswege in der Diskussion, aber noch keine Entscheidungen getroffen worden.
Inhalt des erweiterten Führungszeugnisses
Polizeiliche Führungszeugnisse beinhalten nicht alle im Bundeszentralregister eingetragene Straftaten. So sind z.B. zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen von nicht mehr als zwei Jahren, Verurteilungen zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten nicht darin aufgeführt, wenn keine weiteren Straftaten eingetragen sind. Bei erweiterten Führungszeugnissen werden zusätzlich alle Sexualdelikte und kinder- und jugendbezogene Delikte nach §§ 171, 174 – 174c, 176 – 180a, 181a, 182 bis 184f, 225, 232-233a, 234, 235 oder 236 StGB dargestellt. Für diese Eintragungen gelten die oben beschriebenen Ausnahmen nicht.
Maßnahmen der Jugendhilfe
Für Maßnahmen, die nicht Teil der Jugendhilfe sind, gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses. Folgende Bereiche werden als Jugendarbeit im Sinn der Jugendhilfe verstanden:
§ 11 SGB VIII Jugendarbeit Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit gehören:
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Rein kirchliche Angebote wie Kindergottesdienst, Konfirmandenunterricht, biblisch-theologische Seminare… werden dazu nicht gerechnet. Ferienfreizeiten, die ja im wesentlichen der Erholung, der außerschulischen Bildung, Sport, Spiel und Geselligkeit dienen, sind dagegen eindeutig Jugendarbeit im Sinne des Gesetzes. Wenn für Maßnahmen über die Stadt, Kreis- und Landesjugendringe Fördergelder bei den öffentlichen Trägern beantragt werden können, erfüllen sie ebenfalls die Kriterien des Gesetzes.
Tätigkeiten
Die Verbände, Vereine und Kirchen sind durch die Vereinbarungen mit den Jugendämtern verpflichtet, die Tätigkeiten festzulegen, für die erweiterte Führungszeugnisse vorgelegt werden muss. Prinzipiell ist dies Verhandlungssache mit dem Jugendamt.
Folgende Tätigkeiten sind in der Regel von der Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses ausgenommen:
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Folgende Mitarbeitende sind in der Regel von der Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses ausgenommen:
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Kriterien
Zur Erstellung einer Liste sollten alle Tätigkeiten der entsprechenden landeskirchlichen Ebene erstellt und nach Art Intensität und Dauer bewertet werden. Daraufhin wird festgelegt, für welche der Tätigkeiten die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses notwendig ist und für welche nicht. Diese Liste wird zum Teil von den Jugendämtern zur Ansicht angefordert. Für eine detailliertere Überprüfung der Tätigkeiten, können folgende Kriterien und das Prüfschema aus der Arbeitshilfe des KVJS verwendet werden.
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Es ist davon auszugehen, dass auf die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses desto eher verzichtet werden kann:
Arbeitshilfe des KVJS zur Umsetzung des § 72a SGB VIII |